Katze mit Diabetes: Symptome, Behandlung und Lebenserwartung
Wie beim Menschen kann auch eine Katze an Diabetes erkranken – und das häufiger, als viele denken. Besonders ältere, oft männliche Tiere gehören zur Risikogruppe: Schätzungsweise jede 50. Katze ist betroffen, Tendenz steigend.1 Fachleute führen das vor allem auf veränderte Haltungs- und Fütterungsgewohnheiten zurück. Wird die Erkrankung früh erkannt, lässt sie sich gut behandeln. Unbehandelt kann sie jedoch lebensbedrohlich werden.
Die gute Nachricht: Nicht immer ist eine tägliche Insulinspritze nötig – eine Maßnahme, die für viele Katzen Stress bedeutet. Inzwischen stehen auch orale Behandlungsformen zur Verfügung. Achten Sie daher auf typische Anzeichen von Diabetes bei Ihrer Katze und lassen Sie das Tier im Verdachtsfall möglichst bald in der Tierarztpraxis untersuchen.
Was passiert im Körper einer Katze mit Diabetes?
Die Stoffwechselstörung Diabetes mellitus hängt mit dem körpereigenen Hormon Insulin zusammen. Insulin sorgt dafür, dass Zucker (Glukose) aus der Nahrung in die Körperzellen gelangt, wo er zur Energiegewinnung genutzt wird. Im Fall von Diabetes produziert der Körper selbst nicht genügend Insulin (Insulinmangel) und/oder insulinabhängige Gewebe sprechen nicht ausreichend auf das Hormon an (Insulinresistenz). In der Folge gelangt die Glukose nicht in die Zellen, sondern verbleibt im Blut: Der Blutzuckerspiegel steigt an, dennoch hungern die Zellen – und die typischen Symptome treten auf.2
Schon gewusst?
Der Begriff „Diabetes mellitus“ stammt aus dem Griechisch-Lateinischen und bedeutet „honigsüßer Durchfluss“ – ein Hinweis auf den zuckerhaltigen Urin betroffener Tiere und Menschen.
Formen des Diabetes bei Katzen
Genau wie beim Menschen gibt es auch verschiedene Formen des Diabetes bei Katzen: Unterschieden werden Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes und die sogenannten ‚anderen spezifischen Typen‘. Die Einteilung richtet sich nach dem zugrunde liegenden Krankheitsmechanismus. Die meisten Katzen leiden an Typ-2-Diabetes.
- Beim Typ-1-Diabetes liegt meist eine autoimmune Zerstörung der Insulin-erzeugenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse vor, den sogenannten β-Zellen. Die Produktion von Insulin ist dadurch vollständig gestoppt. Typ-1-Diabetes bei Katzen ist sehr selten, es ist aber die häufigste Form des Diabetes beim Hund.
- Dem Typ-2-Diabetes der Katze liegen verschiedene Mechanismen zugrunde. Bedingt durch Übergewicht, Bewegungsmangel und andere Faktoren werden insulinabhängige Zellgewebe wie die Leber oder auch Fett- und Muskelgewebe resistenter gegen Insulin. Der Körper versucht, dies durch vermehrte Insulinproduktion auszugleichen, was durch eine eingeschränkte Funktion der β-Zellen der Bauchspeicheldrüse aber nicht möglich ist. Ca. 80 Prozent der Katzen mit Diabetes haben den Typ 2.
- Bei den sogenannten „anderen spezifischen Diabetes-Typen“ handelt es sich bei Katzen um einen sekundären Diabetes. Die Stoffwechselstörung entsteht hier durch bestimmte Medikamente oder eine zugrunde liegende Erkrankung, z. B. andere Hormonerkrankungen oder chronische Krankheiten. Eine typische zugrundeliegende Hormonstörung, insbesondere bei Katern, ist die Akromegalie. Hierbei wird aufgrund eines Tumors der Hirnanhangsdrüse vermehrt Wachstumshormon – ein Gegenspieler von Insulin – ausgeschüttet. Etwa 20 Prozent der Diabetiker-Katzen haben Diabetes der ‚anderen spezifischen Typen‘.
Hat Ihre Katze Diabetes?
Katzen mit Diabetes können Zucker aus ihrer Nahrung nicht in Energie umwandeln. Dadurch wirken sie oft müde, antriebslos und weniger verspielt. Manche fressen sogar mehr als sonst – verlieren aber trotzdem an Gewicht.2
Weil der überschüssige Zucker nicht in die Zellen gelangt, sondern über die Nieren ausgeschieden wird, verliert der Körper zusätzlich viel Flüssigkeit. Typisch sind deshalb starker Durst und häufiges Urinieren, auch großer Mengen.
Etwa jede zehnte Katze mit Diabetes entwickelt zudem eine diabetische Neuropathie: Die Nerven in den Hinterbeinen werden geschädigt, wodurch die Katze mit den Fersen auftritt – der sogenannte plantigrade Gang.6
Plantigrader Gang bei der Katze
Katze mit Diabetes: Symptome auf einen Blick
Katzen mit Diabetes können Zucker nicht effektiv zur Energiegewinnung nutzen. Typische Anzeichen sind daher:
- vermehrtes Trinken und Urinieren (Polydipsie, Polyurie)
- vermehrter Appetit, aber Gewichtsverlust
- Müdigkeit, weniger Aktivität
- stumpfes, ungepflegtes Fell
- Muskelschwund, besonders an den Hinterbeinen
- unsicherer, „plattfußartiger“ Gang durch diabetische Neuropathie (Schädigung der Nerven in den Hinterbeinen)6
Hat Ihre Katze ein erhöhtes Risiko für Diabetes?
Übergewicht ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Diabetes bei Katzen. Stubentiger, die ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen haben, erkranken etwa viermal häufiger an der Stoffwechselstörung. Weitere Risikofaktoren sind Bewegungsmangel, männliches Geschlecht, das zunehmende Alter und die Behandlung mit bestimmten Medikamenten wie Steroiden.
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Diabetes bei Katzen: So funktioniert die Diagnose
Katzen, die klassische Diabetes-Symptome zeigen, sollten in jedem Fall in die Tierarztpraxis gebracht werden. Dort wird der Zuckergehalt im Blut und im Urin der Katze untersucht. Doch diese Werte allein sind nicht aussagekräftig genug – so kann der Blutzuckerwert der Katze auch stressbedingt erhöht sein. Daher ist zusätzlich die Bestimmung der Fruktosaminkonzentration sinnvoll: Dieser spezielle Blutwert gibt Rückschlüsse auf den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der vorangegangenen ein bis zwei Wochen und hängt nicht vom Stresslevel der Samtpfote in der Tierarztpraxis ab.
Typische Blutzuckerwerte bei Katzen – basierend auf ALIVE-Kriterien
Die ALIVE-Kriterien sind international anerkannte, konsensbasierte Richtlinien führender veterinärmedizinischer Spezialist*innen für Endokrinologie, die klare und wissenschaftlich fundierte Grenzwerte zur Diagnose von Diabetes bei Katzen festlegen.
Behandlung: So lässt sich Katzendiabetes gut kontrollieren
Die Diagnose Diabetes ist zunächst ein Schock – doch heute gibt es gute Gründe für Zuversicht. Katzendiabetes lässt sich oft unkompliziert behandeln, und betroffene Tiere können bei richtiger Therapie viele Jahre gut leben.
Eine moderne Möglichkeit ist die orale Behandlung, je nach Land mit einer Tablette oder sogar mit einer Flüssigkeit, die einmal täglich gegeben wird. Sie senkt den Blutzuckerspiegel, indem sie die Zuckerausscheidung über den Urin steigert und so den Blutzuckerspiegel schnell senkt.
Daneben bleibt die Insulintherapie ein zentraler Baustein: Das Hormon wird unter die Haut gespritzt, meist zweimal täglich. Die International Society of Feline Medicine (ISFM) empfiehlt dafür längerwirksame Insuline wie Protamin-Zink-Insulin, die den Blutzucker zuverlässig stabilisieren¹. Auch Begleiterkrankungen wie Entzündungen oder Risikofaktoren wie Übergewicht sollten parallel behandelt werden.
Je nach gewählter Therapievariante bedarf es, den Blutzucker mittels spezieller Glucometer zu Hause zu kontrollieren oder mit Teststreifen den Urin im Katzenklo einfach zu untersuchen. Viele Katzen akzeptieren das gut – und es erspart ihnen den Praxisstress.
Ernährung: Ein Schlüssel zum Therapieerfolg
Ebenso wichtig wie Medikamente ist die richtige Ernährung. Studien zeigen, dass kohlenhydratarme, eiweißreiche Diäten den Blutzucker stabilisieren und den Insulinbedarf senken.4
Ideal ist Nassfutter mit hohem Fleischanteil, verteilt auf mehrere kleine Mahlzeiten. Übergewichtige Katzen sollten langsam abnehmen, da jedes Gramm weniger die Insulinwirkung verbessert. Verzichten Sie auf Trockenfutter oder Snacks mit Getreide oder Zucker – sie treiben den Blutzucker schnell in die Höhe.
Tipp: Sprechen Sie mit Ihrer Tierarztpraxis über geeignete Diätfutter. Eine individuell abgestimmte Ernährung ist oft der wichtigste Schritt zu einem stabilen Blutzuckerspiegel.
Wenn sich der Diabetes zurückbildet: Remission
Unter konsequenter Behandlung kann sich der Diabetes bei Katzen teilweise zurückbilden, jedoch ist der Diabetes der Katze nicht heilbar. Aktuelle Studien berichten, dass 20–30 % der Katzen eine Remission erreichen, also ohne Insulinspritzen auskommen.4
Diese Rückbildung tritt meist in den ersten 6 Monaten auf. Allerdings erleben etwa 30–40 % später einen Rückfall. Die langfristige Kontrolle des Körpergewichts ist daher mitentscheidend.4
Das Endstadium von Diabetes bei Katzen
Wenn eine Katze an Gewicht verliert, apathisch wirkt oder das Fressen einstellt, ist das für Halter oft alarmierend. Bleibt der Diabetes unbehandelt oder entgleist er, kann er in ein lebensbedrohliches Endstadium übergehen.
Typische Anzeichen sind:
- Appetitverlust und deutliche Gewichtsabnahme
- Erbrechen, Durchfall
- starke Schwäche und Teilnahmslosigkeit
- Austrocknung (Dehydratation)
- Evtl. süßlicher Atemgeruch durch Ketonkörper
In dieser Phase kann sich eine diabetische Ketoazidose (DKA) entwickeln – eine akute Stoffwechselkrise, bei der der Körper übersäuert. Unbehandelt endet sie fast immer tödlich.6 Deshalb gilt: Je früher gehandelt wird, desto besser die Chancen.
Lebenserwartung: Wie lange kann eine Katze mit Diabetes leben?
Das klingt beunruhigend – doch zum Glück ist das Endstadium die Ausnahme. Mit der richtigen Therapie, konsequenter Betreuung und etwas Geduld können Katzen mit Diabetes ein langes und erfülltes Leben führen.
Langzeitstudien zeigen, dass rund zwei Drittel der betroffenen Katzen mehr als ein Jahr, und etwa ein Viertel sogar über drei Jahre nach der Diagnose leben. Bei stabil eingestelltem Blutzucker erreichen einige Tiere sogar fünf bis acht Jahre – und genießen dabei eine gute Lebensqualität.4
Die Prognose verbessert sich deutlich, wenn
- der Blutzucker früh stabilisiert wird,
- Begleiterkrankungen (z. B. Nierenerkrankungen, Pankreatitis) mitbehandelt werden
- und die Katze ihr Idealgewicht hält.
Gut zu wissen: Katzen, die schnell richtig eingestellt werden, haben die besten Chancen auf viele beschwerdefreie Jahre.
Online-Unterstützung für die Behandlung Ihrer Katze
Behalten Sie alle Messergebnisse und Therapieschritte mit einem Diabetes-Tagebuch immer im Blick: mit einem praktischen Online-Tool zur Erstellung eines Tagesprofils oder dieser App (App Store oder Google Play Store).
FAQ Diabetes bei Katzen:
Viele Katzen leben mehrere Jahre, bei stabiler Therapie teils über acht Jahre.4
Vermeiden Sie Trockenfutter oder Leckerli mit hohem Kohlenhydratanteil – sie führen zu Blutzuckerspitzen.4
Nicht direkt, aber Folgeerkrankungen wie Neuropathie können Schmerzen oder Schwäche verursachen.
Nicht heilbar im klassischen Sinn, aber dank moderner Therapien sehr gut und einfach behandelbar.
In den Videos auf dieser Unterseite sehen Sie, wie Sie Insulin richtig aufziehen und spritzen. Wichtig: Ändern Sie die Dosis nur nach Rücksprache mit dem Tierarztteam.
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1. Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Kleintierklinik: Besitzerinformation: Diabetes mellitus
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2. Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V.: Alterskrankheiten Diabetes mellitus
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3. Niessen SJM, Bjornvad C, Church DB, Davison L, Esteban-Saltiveri D, Fleeman LM, Forcada Y, Fracassi F, Gilor C, Hanson J, Herrtage M, Lathan P, Leal RO, Loste A, Reusch C, Schermerhorn T, Stengel C, Thoresen S, Thuroczy J; ESVE/SCE membership. Agreeing Language in Veterinary Endocrinology (ALIVE): Diabetes mellitus - a modified Delphi-method-based system to create consensus disease definitions. Vet J. 2022 Nov;289:105910. doi: 10.1016/j.tvjl.2022.105910. Epub 2022 Sep 29. PMID: 36182064.
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4. Rothlin-Zachrisson N, Öhlund M, Röcklinsberg H, Ström Holst B. Survival, remission, and quality of life in diabetic cats. J Vet Intern Med. 2023 Jan;37(1):58-69. doi: 10.1111/jvim.16625. Epub 2023 Jan 13. PMID: 36637031; PMCID: PMC9889602.
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5. Thomas, R. (2024, 23. Mai). Diabetic ketoacidosis: Causes, recognition, and treatment. Today’s Veterinary Nurse, Sommerausgabe 2024. Abgerufen von https://todaysveterinarynurse.com/
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6. Sierawska, O., & Niedźwiedzka-Rystwej, P. (2022). Adipokines as potential biomarkers for type 2 diabetes mellitus in cats. Frontiers in Immunology, 13, 950049. https://doi.org/10.3389/fimmu.2022.950049
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7. Gal A, Odunayo A. Diabetes Ketoacidosis and Hyperosmolar Hyperglycemic Syndrome in Companion Animals. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 2023 May;53(3):531-550. doi: 10.1016/j.cvsm.2023.01.005. Epub 2023 Mar 8. PMID: 36898859.