Diabetes beim Hund: Auch Hunde können zuckerkrank sein
Verdacht auf Diabetes beim Hund: Wenn Ihr Vierbeiner auffällig viel trinkt und Urin absetzt oder mit Heißhunger frisst und dennoch an Gewicht verliert, sollten Sie ihn in Ihrer Tierarztpraxis vorstellen. Denn dies alles können Anzeichen für die Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus sein, im Volksmund auch als ‚Zuckerkrankheit‘ bekannt. Besonders betroffen sind Hunde im mittleren bis höheren Alter. Wenn Diabetes beim Hund frühzeitig festgestellt und direkt behandelt wird, lassen sich die Folgen in der Regel gut kontrollieren. Ohne Therapie hat die Stoffwechselstörung dagegen schwerwiegende Auswirkungen – der Vierbeiner kann daran sogar sterben.1
Was passiert bei Diabetes im Hundekörper?
Wenn der Hund frisst, dienen vor allem die Kohlenhydrate aus der Nahrung als Energielieferanten für den Körper. Wichtig dafür ist das körpereigene Hormon Insulin: Es sorgt dafür, dass der Zucker aus der Nahrung in die Zellen geschleust wird.1 Insulin selbst wird in den sogenannten β-Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert. Stellt die Bauchspeicheldrüse nicht ausreichend Insulin her (Insulinmangel) oder sprechen die Zellen der insulinabhängigen Gewebe nicht auf das Hormon an (Insulinresistenz), steigt der Blutzuckerspiegel. Diabetische Hunde leiden meist an Insulinmangel.2, 3
Schon gewusst?
‚Diabetes‘ kommt aus dem Griechischen, ‚mellitus‘ aus dem Lateinischen – der Name bedeutet so viel wie ‚honigsüßer Durchfluss‘. Ein Hund mit Diabetes hat einen hohen Gehalt an Zucker (Glukose) im Blut und im Urin.
Formen des Diabetes beim Hund
Je nach dem zugrundeliegenden Mechanismus werden verschiedene Typen des Diabetes beim Hund unterschieden – die Einteilung entspricht dabei der Klassifikation beim Menschen: Typ-1-Diabetes, Typ-2-Diabetes und die sogenannten ‚anderen spezifischen Typen‘. Bei Hunden kommen die verschiedenen Formen unterschiedlich häufig vor:3
- Typ-1-Diabetes ist bei Hunden am weitesten verbreitet. Die Ursache der Erkrankung ist meist genetisch bedingt oder eine Zerstörung der β-Zellen der Bauchspeicheldrüse durch das eigene Immunsystem. In der Folge produziert der Körper des Hundes sehr wenig oder gar kein Insulin.3
- Typ-2-Diabetes ist vor allem eine Alterserscheinung und bei Hunden deutlich weniger häufig als z. B. bei Katzen. Kennzeichnend ist eine Resistenz der insulinabhängigen Gewebe, also der Muskulatur, des Fettgewebes und der Leber, gegen das Hormon. Gleichzeitig ist auch die Funktionsfähigkeit der β-Zellen in der Bauchspeicheldrüse eingeschränkt.2, 3
- Es gibt noch weitere Typen von Diabetes, deren Risiko ebenfalls mit zunehmendem Alter des Hundes ansteigt. Die Stoffwechselstörung ist hier sekundär und basiert z. B. auf anderen vorangehenden Erkrankungen wie etwa weiteren Hormonstörungen, einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder auch Krebs. Sie kann aber auch durch bestimmte Medikamente ausgelöst werden.2, 3
Hat Ihr Hund ein erhöhtes Risiko für Diabetes?
Schätzungen zufolge leidet etwa jeder hundertste Hund an Diabetes mellitus.2 Damit ist die Krankheit eine der häufigsten hormonell bedingten Stoffwechselstörungen beim Hund. Die meisten der betroffenen Vierbeiner sind älter als fünf Jahre. Zu den Risikofaktoren gehören auch genetische Komponenten – manche Rassen haben daher ein höheres Risiko, z. B. Beagle, Pudel, Zwergschnauzer und verschiedene kleine Terrierrassen. Außerdem spielt auch das Geschlecht eine Rolle: Unkastrierte Hündinnen sind viermal häufiger betroffen als Rüden.1, 3
Diabetes beim Hund: Welche Symptome können auftreten?
Die klassischen Symptome des Diabetes beim Hund sind ein hohes Trinkbedürfnis und großer Appetit, häufiges Wasserlassen und Gewichtsverlust. Diese Symptome hängen mit dem Blutzuckerspiegel zusammen:1
Da der Zucker nicht in die Zellen gelangt, erhält der Körper weniger Energie. Der Hund spürt deshalb ein Heißhungergefühl. Wenn der Blutzuckergehalt außerdem 180 mg/dl überschreitet, die sogenannte Nierenschwelle, reicht die Leistung der Niere nicht mehr aus, um die Glukose zurückzuhalten. Der Zucker wird mit dem Urin ausgeschieden. Der Zucker im Urin zieht Wasser nach, das mit dem Urin verloren geht. Um das zu kompensieren, trinken die Tiere sehr viel.1, 2, 3
Diabetes zieht den ganzen Körper in Mitleidenschaft: Das Fell kann stumpf wirken, der Hund ermüdet leicht und magert ab. Wenn die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, kommt es durch das Energiedefizit und dessen Folgen zu einer Stoffwechselentgleisung, der diabetischen Ketoazidose. Der Hund ist dann apathisch und sehr schwach – unbehandelt stirbt das Tier.1, 3
Linsentrübung durch Diabetes beim Hund
Zucker- und Wassereinlagerungen in der Augenlinse sind leider ein häufiges Begleitsymptom von Diabetes beim Hund. Viele betroffene Tiere erblinden im ersten Jahr nach der Diagnose. Medizinisch lässt sich der Linsentrübung, auch Katarakt genannt, nicht vorbeugen. Bei manchen Hunden kann eine Operation die Trübung aber wieder beseitigen.2
Wie wird die Diagnose ‚Diabetes beim Hund‘ gestellt?
Die typische Symptomatik gibt der Tierärztin oder dem Tierarzt bereits deutliche Hinweise auf die Erkrankung. In der Tierarztpraxis wird dann der Blutzuckerspiegel gemessen und der Urin auf Zucker untersucht. Oftmals wird auch eine Messung der Fruktosaminkonzentration durchgeführt. Dieser Wert gibt Rückschlüsse auf die Blutglukosekonzentration der vorangehenden ein bis zwei Wochen und kann bei der langfristigen Beobachtung der Werte und der Entwicklung hilfreich sein. Weitere medizinische Untersuchungen sind sinnvoll, um Begleiterkrankungen oder eine potenzielle diabetesauslösende Ursache zu ermitteln.2, 3
Behandlung von Diabetes beim Hund
Ein Hund mit Diabetes ist in der Regel für den Rest seines Lebens auf die Behandlung mit Insulin angewiesen. Dies erfordert von Herrchen und Frauchen ein hohes Engagement und eine enge Zusammenarbeit mit dem Tierarzt oder der Tierärztin. Wenn der Hund aber eine passende und regelmäßige Therapie bekommt, kann er über viele Jahre gut mit der Erkrankung leben.1
Insulin wird mit einer Spritze unter die Haut (subkutan) verabreicht. Als Halterin oder Halter eines Diabetiker-Hundes sollten Sie lernen, die Spritzen selbst zu setzen. Dies ist jedoch nicht schwierig: Insulinnadeln sind sehr klein und das Tier wird den Einstich kaum spüren. Nach ein paar Wochen Übung stellt sich die Routine ganz von selbst ein.2
Die Häufigkeit und genaue Dosierung der Insulingabe hängen von den individuellen Werten des Tieres und dem verwendeten Präparat ab. Kurzzeit-Insuline wirken schnell und werden bei akuten Fällen mit Stoffwechselentgleisung verabreicht. Mittellang wirksame und Langzeit-Insuline werden dagegen langsamer abgebaut und haben eine längere Wirkdauer – sie werden gemäß den Leitlinien bei den meisten Hundepatienten angewendet.3 Längerwirksame Insuline ermöglichen bei den meisten Hunden eine dauerhafte Diabetes-Kontrolle mir nur einmal täglicher Insulingabe.
Zwar muss der Hund in den ersten Wochen der Therapie, bis die Werte gut eingestellt sind, regelmäßig zu Kontrollbesuchen in die Tierarztpraxis, Sie sollten jedoch zu Hause den Gesundheitszustand Ihres Hundes in ein Tagebuch eintragen und eventuell auch den Blutzucker kontrollieren. Hierzu gibt es spezielle Geräte, sogenannte Glukometer. Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt berät Sie über das Vorgehen und die richtige Dokumentation der gemessenen Werte.2, 3
Fütterung des Diabetiker-Hundes
Ein wichtiger Baustein der Therapie ist auch das richtige Füttern. Da der Blutzuckerspiegel nach dem Fressen steigt, muss die Gabe des Insulins darauf abgestimmt werden. Insgesamt sollte die zugeführte Energiemenge stets konstant sein. Außerdem ist auch die Zusammensetzung des Futters wichtig: Diabetikerfutter enthält wenig kurzkettige Kohlenhydrate, aber dafür Ballaststoffe, die Nährstoffaufnahme verzögern. Mehr Tipps zum richtigen Füttern finden Sie in den FAQ.
FAQ Diabetes beim Hund
Übergewichtige Hunde sollten abnehmen, untergewichtige wieder etwas zulegen – das Ziel ist Normalgewicht. Empfehlenswert sind zwei Mahlzeiten am Tag. Behalten Sie feste Fütterungszeitpunkte bei, damit der Blutzuckerspiegel möglichst stabil bleibt. Ihr Tierarztteam kann Sie über Spezialfutter für Hunde mit Diabetes beraten.2
Nüchtern sollte der Blutzuckerwert beim Hund nicht unter 80 mg/dl (4,5 mmol/l) und nach Fütterung und Insulingabe nicht längerfristig über 300 mg/dl (16,7 mmol/l) liegen. Für die Wirksamkeit einer Insulintherapie hat die Messung eines einzelnen Wertes allerdings nur eine bedingte Aussagekraft. Erstellt wird meist ein Blutzucker-Tagesprofil, z. B. mit zweistündigen Messungen in einem Zeitraum von zwölf Stunden.2, 3 Bei Langzeitinsulinen, bei denen die Messung oft noch länger erfolgen muss, ist eine kontinuierliche Glukosemessung über 14 Tage mit einem speziellen Sensor eine gute und schonende Option.
Verabreichen Sie die Insulinspritze am besten gleichzeitig mit der Fütterung. Wenn der Hund nicht frisst, dürfen Sie nicht die übliche Insulindosis spritzen – der Blutzuckerspiegel kann sonst gefährlich stark absinken. Falls Ihr Vierbeiner kein ‚guter Esser‘ ist, sollten Sie mit der Insulinspritze bis nach der Mahlzeit warten.2
Bei einer Überdosierung des Insulins sinkt der Blutzuckerspiegel beim Hund stark ab. Das Tier ist dann schwach oder kann Krämpfe bekommen. Sie sollten umgehend mit Futter gegensteuern. Schnelle Abhilfe schafft auch eine Zuckerlösung, die Sie mit einer Spritze ins Maul des Tieres tropfen, oder Honig, den Sie direkt aufs Zahnfleisch des Hundes streichen. Danach sollten Sie mit Ihrer Tierarztpraxis Kontakt aufnehmen.
Wenn Sie den Hund versehentlich einmal nicht gespritzt haben, geben Sie bei der nächsten planmäßigen Insulingabe trotzdem nur die normale Menge. Erhöhen Sie nicht eigenständig die Dosis und holen Sie die Insulingabe nicht zu einem späteren Zeitpunkt nach. Beobachten Sie die Symptome des Tieres aber in jedem Fall genau.2
Diabetes begleitet Hunde in der Regel ein Leben lang. Wenn die Stoffwechselstörung auf einer Grunderkrankung basiert, welche behandelt wird, kann sich der Diabetes beim Hund zurückbilden.
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1.Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V.: Lebensqualität dank Insulin.
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2.Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Kleintierklinik: Besitzerinformation: Diabetes mellitus
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3. Kohn, B., Schwarz, G.: Praktikum der Hundeklinik, 12. Auflage, Stuttgart, Enke Verlag, 2017